Die Corona-Pandemie hat viele von uns vom Büro ins Home Office umgesiedelt: Anstatt jeden Tag auf Arbeit zu fahren, ist die Arbeit nun bei uns zu Hause. Jeder wird damit seine eigenen Erfahrungen gemacht haben und die Mehrheit der Menschen stellt dabei fest: es funktioniert. Es liegt also nahe, die Frage zu stellen, ob Büros überhaupt noch gebraucht werden und ob es noch zeitgemäß ist, dass wir uns jeden Morgen kollektiv auf den Weg zu einer Arbeitsstelle machen, wenn wir die gleiche Arbeit doch auch woanders erledigen können.
Eine Frage der Führung In meinen Gesprächen mit Menschen aus den verschiedensten Branchen und Jobs stelle ich immer wieder fest: Home Office ist eine Frage der Kultur. Und zwar nicht nur der übergeordneten Unternehmenskultur, sondern ganz speziell auch der Führungskultur in den einzelnen Abteilungen. Es gibt Unternehmen, bei denen die Möglichkeit eines gewissen Zeitanteils an Home Office fest in der Firmenphilosophie verankert ist und trotzdem diese Möglichkeit in bestimmten Bereichen oder Abteilungen nicht gelebt wird - weil Führungskräfte ihren Mitarbeitern das nicht zugestehen oder die Arbeit zuhause an formale Bedingungen knüpfen. Umgekehrt gibt es auch die andere Ausprägung, dass der Umgang mit Home Office sogar lockerer und entspannter gelebt wird, als es von ganz oben als Orientierung angeboten wird. Beide Ausrichtungen zeigen, dass es am Ende immer eine Frage der Führung ist, ob und in welchem Rahmen Home Office in Unternehmen genutzt wird oder nicht. Geht ja doch! Wenn Mitarbeitern also bisher eher Steine in den Weg gelegt wurden und die Arbeit im Home Office seitens der Führungskraft nicht gewährt wurde, dann hat die coronabedingte erzwungene Arbeit in den eigenen vier Wänden den meisten Mitarbeitern und insbesondere deren Managern in den letzten Wochen sicher ein großes Aha-Erlebnis beschert. Denn gerade dort, wo Home Office selten bis gar nicht ermöglicht wurde, weil es aus diesen oder jenen Gründen nicht für die Arbeitsabläufe oder Themen der Abteilung bzw. des Unternehmens funktioniere, stellt man nun fest: es geht ja doch! Plötzlich gelingen all die Dinge, von denen vorher behauptet wurde, sie würden so nicht funktionieren. Projekte dauern eben nicht länger, Themen bleiben eben nicht liegen und komplexe Abstimmungen können trotzdem erzielt werden - entgegen aller vorherigen Befürchtungen und Sorgen. Plötzlich zählen die Vorbehalte von damals also nicht mehr, denn wir haben andere Wege gefunden, neue Technologien entdeckt und zusätzliche oder alternative Formen der Zusammenarbeit entwickelt. Arbeite wo und wann du willst Interessant wird es jetzt, wenn wir uns anschauen, wie Unternehmen nun mit den schrittweisen Lockerungen umgehen: Werden alle Mitarbeiter wieder ins Büro geholt? Oder muss niemand mehr ins Büro kommen? Die gelebte Realität spielt sich tatsächlich genau zwischen diesen beiden Extremen ab: Während einige Firmen ihr Leute (wieder) nur in begründeten Einzelfällen zuhause arbeiten lassen, stellen manche es ihren Mitarbeitern derzeit erstmal frei, ob und wie oft sie ins Büro kommen möchten. Und wiederum andere belassen alles so wie es ist und erlauben ihren Leuten nur in Ausnahmefällen die Arbeit im Büro. Hinter all diesen verschiedensten Entscheidungen stecken einerseits natürlich die unterschiedlich beschlossenen Sicherheitskonzepte bezüglich der Corona-Thematik und andererseits die überall so andersartig gelebten Arbeitskulturen. Microsoft hat übrigens schon 2014 entschieden, dass in Deutschland niemand mehr in die Firma kommen muss - denn der Konzern hat die Büro-Anwesenheitspflicht für seine Mitarbeiter einfach mal vollständig abgeschafft. "Arbeitet wo und wann ihr wollt“, hieß es dort und das bedeutet, dass es zwar Büro-Arbeitsplätze gibt, aber keinen persönlichen Schreibtisch mehr und auch nicht mehr so viele Arbeitsplätze wie es Mitarbeiter gibt. Da sowieso nie alle gleichzeitig anwesend sind, reicht der Platz nämlich auch so und das Unternehmen kann seine Büroflächen damit entweder reduzieren oder anderweitig sinnvoll nutzen. Brauchen wir überhaupt noch Büros? Wir können uns nun also die Frage stellen, ob Büros in der Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielen werden und ob es noch notwendig sein wird, dass Menschen für bestimmte Arbeiten gemeinsam in einem Raum oder Gebäude sitzen müssen. Oder ob Geschäftsreisen und überregionale Besprechungen mit Anwesenheitspflicht im bis heute praktizierten Maße noch erforderlich sind. Erstaunlicherweise geht gerade Microsoft derzeit wieder einen Schritt in die andere Richtung und bringt seine Mitarbeiter wieder mehr in Büros zusammen. Denn eins steht fest: Der Mensch ist ein soziales Wesen. Telefonate und Video-Calls hin oder her - ohne tatsächliche reale Kontakte würde das Ganze auf Dauer nur schwer funktionieren. Darüber hinaus ist es viel schwieriger, ein echtes Gefühl der Gemeinschaft aufzubauen und aufrechtzuerhalten, wenn jeder im Team an einem anderen Ort sitzt. Die besten Ideen und wertvollsten Beziehungen untereinander entstehen immer noch in einem persönlichen Gespräch und beim direkten Austausch. Ein weiterer spannender Punkt ist unsere Arbeitsumgebung, denn nicht immer ist die improvisierte Arbeitsecke zuhause für die dauerhafte Arbeit geeignet. Büros sind normalerweise sehr viel geeigneter, weil sie in der Regel bezüglich Licht, Luft, Ergonomie und Temperatur für die langfristige Arbeit optimiert sind. Außerdem wird es vielen Menschen im immer gleichen Zimmer schnell langweilig und sie vermissen die Möglichkeit, auch mal den Raum zu wechseln. Ein gut durchdachtes Büro-Konzept kann dafür mit vielfältigen Umgebungen punkten: flexibel buchbare Schreibtische, Projekträume, Besprechungsräume, Cafés, Ruhezonen, Think Tanks, offene Räume etc.. Derartige Konzepte schaffen nicht nur mehr Abwechslung, sondern bieten für jede Aktivität das optimale Umfeld. Leider sind diese heute noch nicht in allen Bürolandschaften zu finden. Und auch wenn ich der Meinung bin, dass man im Home Office grundsätzlich deutlich produktiver ist als in einem vollen Büro, gibt es immer gerade durch diese kleinen Gespräche zwischendurch, den halb gehörten Satz im Telefonat des Kollegen nebenan oder den berüchtigten Flurfunk immer wieder Themen auf sämtlichen Ebenen, von denen wir zuhause einfach nichts mitbekommen würden. Dieser Schmierstoff im Getriebe des täglichen Miteinanders hilft uns hin und wieder doch, das eine oder andere Thema unserer Arbeit besser zu überblicken - und macht uns so für bestimmte Aspekte produktiver. Was wir daraus lernen können Büros werden nach wie vor ein wichtiger und zentraler Bestandteil unseres Arbeitslebens sein. Nicht jeden Tag, aber auch nicht nur einmal im Monat. Wie auch sonst im Leben gilt es hier, das richtige Maß zu finden und für sich und seine Arbeit den besten Mix aus Home Office und Büro zu gestalten. Dazu sind jedoch vielerorts neue Konzepte und besser durchdachte räumliche Strukturen notwendig, die es heute noch nicht überall gibt. Hier geht es nicht um Tischkicker oder Obstkörbe, sondern darum, mit verschiedenen Raumkonzepten für jede Aktivität ein optimales Umfeld für alle zu schaffen und dabei trotzdem wirtschaftlich zu bleiben. Als Gesellschaft können wir die Notwendigkeit unserer Geschäftsreisen und deren Auswirkungen auf das Klima überdenken. Außerdem sollten wir die Arbeit im Home Office nicht als Eindringen der Arbeit in unser Privatleben verstehen, sondern als Chance auf eine bessere Balance zwischen den verschiedensten Aspekten unseres Lebens.
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